8. Dezember

Geschichte

Es war einmal eine Putzfrau, eine Ausländerin. Sie redete nicht viel. Aber sie war pünktlich und fleißig. Sie putzte in einem Supermarkt. Jeden Abend kam sie kurz vor

Geschäftsschluss, holte sich Eimer, Schrubber und Wasser und begann mit ihrer Arbeit.

Einmal kam ganz spät noch ein kleiner Junge in den Supermarkt und kaufte fürs Abendbrot ein. Doch als die Verkäuferin an der Kasse alle Waren eingetippt hatte, fand der Junge das Geld nicht, das seine Mutter ihm mitgegeben hatte. Aufgeregt wühlte er in allen Taschen. Die Verkäuferin sah ihm zu und fragte misstrauisch: „Hast du kein Geld?“ Der Junge schüttelte den Kopf. Da holte die Verkäuferin den Geschäftsführer.

„Wenn du nicht bezahlen kannst, musst du die Sachen hier lassen” sagte der und schaute den Jungen streng an. „Aber ich habe das Geld bestimmt gehabt”, beteuerte der Junge. „Das kann jeder sagen”, erwiderte der Geschäftsführer. Der Junge fing wieder an, in allen Taschen zu suchen. Aber das Geld kam nicht zum Vorschein.

„Kann ich das Geld vielleicht morgen …?”, fragte er. „Nichts da! Ohne Geld keine Ware!”, beschied der Geschäftsführer. Da trat auf einmal zwischen den Regalen die Putzfrau hervor. Sie hatte dort gestanden und zugehört. „Was kostet?”, fragte sie. Verblüfft sah der Geschäftsführer sie an. „Sieben Mark dreißig'”, sagte die Verkäuferin. Die Putzfrau kramte in ihrer Kitteltasche, fingerte ein Fünfmarkstück heraus, zwei Markstücke, drei Groschen und legte die Münzen auf das Warenband. „Hier!”, sagte sie. „Stimmt so?” „Aber …”, stotterte die Verkäuferin. Der Geschäftsführer strich das Geld ein und sortierte es in die Kasse. Er gab dem Jungen die Einkaufstüte. Der strahlte und rannte los. „Danke”, rief er der Putzfrau zu. „Vielen Dank!” „Schon gut”, antwortete die Putzfrau. Sie hieß Yildiz. Das ist türkisch. Auf Deutsch heißt das „Stern“.

Quelle: Fuchshuber, Annegret: Ich habe einen Stern gesehen – Lahr: Kaufmann, 1999

Bild: pixabay.com

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